Die Schultüte
Wer kann sich daran nicht erinnern?
Einschulungsgottesdienst Samstag, 5. August um 8.30 Uhr
Der erste Schultag war höchst aufregend – ganz viele neue Kinder, respektable Personen, genannt Lehrer, und dann bekam man noch die Schultüte – spätestens jetzt wusste man: eine neue Ära ist angebrochen!
Die Schultüte hat also eine besondere Stellung im Leben des zukünftigen Schulkindes. Sie gehört in Deutschland am ersten Schultag einfach dazu. Eine Einschulung in Deutschland ist ohne sie einfach nicht denkbar: Die Schultüte, selbst gebastelt oder bedruckt mit farbenfrohen Motiven gehört zur typischen Ausstattung der bundesweit rund 800.000 Erstklässler.
Die Schultüte hat vor allem in Deutschland eine lang gepflegte Tradition: Schon im Mittelalter feierten ganze Gemeinden das bedeutende Ereignis des ersten Schultages mit Umzügen oder Gottesdiensten. 1817 bekamen Kinder in Thüringen vom Kantor erst mals zum Schulbeginn eine mächtige Tüte Konfekt.
Die erste Schultüte glich noch einer schlichten Obsttüte. Sie soll einen „Wissenstrichter” verdeutlichen, der im Laufe der Schulzeit ge füllt wird. Die Süßigkeiten – das süße Leben werden durch Erlerntes – den Ernst des Lebens ersetzt.
Von Thüringen und Sachsen aus verbreitete sich die Tradition dann in ganz Deutschland.
Die Armut nach dem Ersten Weltkrieg ließ die Schultüten in Deutschland zunächst weitgehend verschwinden. Erst nach 1945 lebte der Brauch wieder voll auf. Um 1950 begann die Firma Goldbuch im oberfränki schen Bamberg mit der Produktion.
Heute sind die Geschenke zum ersten Schultag eine Selbstverständlichkeit.
In den Tüten im 19. Jahrhundert fanden die Kinder noch Obst, Gemüse und Nüsse. Heute beschenken Eltern ihre AbcSchützen mit Stiften, Linealen und Spielzeugen. Und die Wünsche werden immer extravaganter: Immer häufiger sind Computerspiele und Handys in den Tüten zu finden.
Ute Holzvoigt