Die Melanchthon-Gemeinde bleibt Baustelle – Baustelle für den Glauben, die Liebe und das Leben.
DANKE, dass ich daran mitarbeiten konnte.
Liebe Menschen in der Melanchthon-Gemeinde, liebe Menschen in der Bult, ich möchte mich von Ihnen und euch nun verabschieden.
In mir hat das mit einigen Gefühlen zu tun, die sich in den letzten Wochen abwechseln und miteinander ein ziemliches Orchester an verschiedenen Tönen erzeugten.
Wenn ich Ihnen und euch begegne
kommt oft ein bisschen Wehmut hoch: So werde ich auch traurig, wenn ich daran denke, mit wem ich zu tun hatte in der Seelsorge, in Gesprächen, in Gottesdiensten, in Sitzungen, auf der Straße, auf Festen; traurig deshalb, weil es eine gute Zeit gewesen ist, die ich nicht so einfach in meinem Leben erneuern oder wiederholen kann und noch mehr deshalb, weil ich vielen von Ihnen seltener begegnen werde.
Manchmal blieb es bei einer einzigen Begegnung; oft waren es aber Gespräche, die an knüpfen konnten an etwas, das wir gemeinsam hatten. Und viele Menschen in der Gemeinde und in der Bult kommen und kamen mir so entgegen, dass sie es mir schwer machen, zu gehen. So ist eben auch dieser traurige Ton dabei, beim Abschied; aber ehrlich gesagt bin ich sehr froh, dass dieser Ton dabei ist. Würde ich den nicht hören, wie wäre es, wenn ich nur bester Laune von hier verschwände: Was würde das über unsere Begegnungen und Beziehungen und die gemeinsam Arbeit in der Gemeinde sagen?
In diesen Ton mischt sich auch das Gefühl von Unsicherheit. Manchmal war mir bewusst: Heute besuche ich diesen Menschen und schaffe es deshalb nicht, den anderen zu besuchen. Und so gibt und gab es manche Radfahrten durch die Eilenriede, auf denen mir solche Fragen kommen: Wo habe ich einem Menschen zu wenig zugehört? Habe ich die richtigen Schwerpunkte gesetzt? Hätte ich an einer Stelle effektiver arbeiten können? Wen habe ich mit meiner Art vergrault?
Das größere Gefühl aber, das vieles und auch das Traurige überlagert und ziemlich deutlich übertönt und zwar mit sehr verschiedenen Instrumenten:
Das ist die Dankbarkeit.
Ich bin dankbar, dass der damalige Kirchenvorstand im Jahr 2001 mich gewählt hat. Ich bin dankbar für viele gute Weisen der Zusammenarbeit und des Vertrauens mit sehr vielen, mit den Menschen im Kirchenvorstand, die besonders geprägt war von Heidi Prüfer und Katrin Wiedersheim. Ich bin dankbar, dass in der Melanchthon-Gemeinde ein Klima herrscht, dass grundsätzlich von Offenheit geprägt ist: Neues ist interessant und wird nicht in erster Linie als Bedrohung angesehen.
Ich bin dankbar, dass in der Melanchthon-Gemeinde die Vielfalt als Bereicherung erlebt wird; dass Menschen ihre Gaben und Interessen einbringen und sich gegenseitig freuen an den Kompetenzen und dem inneren Feuer anderer Menschen. So bin ich dankbar, dass es insgesamt gepasst hat:
Melanchthon und Kawalla; und das nehme ich wahr als Wirken des guten Geistes Gottes. Wenn etwas geklappt hat, hat Gott dazu geholfen mit ihrem Rückenwind. Und so bin ich Gott sehr dankbar für diese 17 Jahre. Kirchengemeinde, Leben in einem Stadtteil, Leben überhaupt ist für mich ein Prozess und eine Art Baustelle.
Wir können gar nicht zu viel ausprobieren, experimentieren, Menschen einladen mitzumachen, Menschen zu hören, was sie wirklich denken über Gott und die Welt und ihr Leben dazwischen.
Und so bin ich auch dankbar, dass Melanchthon sich als Baustelle versteht. Auch wenn wir den Kirchenumbau gut bewältigt haben.
Eine Kirchengemeinde ist nie fertig.
Wie ja auch unser Glaube und unsere Liebe nie fertig sind. Wären sie fertig, hieße das ja: Die Kirchengemeinde, der Glaube und die Liebe steckten in einer Schublade und wären nur bei Bedarf herauszuholen. Nein. Sie verändern sich ständig, weil sie am Leben sind und Euer ganzes Leben durchdringen: Die Liebe und der Glaube. Und die Melanchthon-Gemeinde ist eine offene Baustelle dafür: Der Ort an dem die Liebe und der Glaube von jeder einzelnen und jedem einzelnen vorkommen, anderen begegnen, und sich verwandeln durch diese Begegnung.
Die MelanchthonGemeinde und die Bult bleiben also Baustelle für den Glauben, die Liebe und das Leben. Und auf diese Weise bleiben sie ein gesegneter Ort.
Sie sind es, du bist es: Ein Segen für diese Gemeinde und für die Bult. Gott gebe dir dafür allen Rückenwind, den du brauchst.
Ihr / Euer Pastor Axel Kawalla