Elke Johanna Kulenkampff geehrt

Im Rahmen seines heutigen Neujahrsempfangs hat der Bezirksrat Südstadt Bult Frau Elke Johanna Kulenkampff mit dem Ehrenpreis für bürgerschaftliches Engagement ausgezeichnet. Mit dem Ehrenpreis wird ihr aussergewöhnlicher Einsatz für Flüchtlinge gewürdigt.

Die Gemeinde gratuliert!


 

Laudatio des Bezirksbürgermeisters Lothar Pollähne

„Natürlich hat 1948 kein Mitglied des Parlamentarischen Rates voraussehen können, wie viele Flüchtlinge sich über 60 Jahre später quer über die Welt bewegen würden und das trotz der Erfahrungen des Zweiten Weltkrieges und der Naziverbrechen Schrecken und Tod weite Teile der sogenannten Dritten Welt beherrschen würden. Aber dass heute, bei Flüchtlingszahlen, die an der unteren Grenze vergleichbarer Länder liegen, die zu uns kommenden Menschen nur noch das Fürchten gelehrt wird, verstößt gegen alle Menschenrechte, die älter sind als unsere morsche Kultur, und gegen den Willen des Grundgesetzes.

Vor fast 70 Jahren haben wir Millionen Flüchtlinge in Westdeutschland aufnehmen müssen und können, in einer Zeit, in der wir nicht eines der reichsten Länder der Welt waren. Wer sich dieses klarmacht und dann hört, mit welcher Frechheit auch offizielle Stellen den Fremdenhass schüren und Asylsuchende schlimmer als Vieh behandeln, dem steigt die Schamröte ins Gesicht.“

Diese Worte sind hochaktuell, auch wenn sie über 30 Jahre alt sind. Ich habe nur die Zahlen angepasst. Sie stammen aus der Zeit, als das Boot vermeintlich voll war. Manche von Ihnen werden sich noch daran erinnern. Der sich hier so drastisch kompetent eingemischt hat, wusste, wovon er sprach, denn er war selber Flüchtling: Heinrich Albertz, der erste Flüchtlingsminister Niedersachsens. Als er im Juni 1948 sein Amt antrat, lebten in Niedersachsen über zwei Millionen Flüchtlinge und jede Woche kamen rund 1000 dazu. Alle Versuche, den Strom der Flüchtlinge einzudämmen, schlugen fehl. Für Heinrich Albertz war klar, dass diese Menschen bei uns arbeiten und leben würden, und er wandte sich klar gegen eine Stimmung, „die im Gestern und Übermorgen lebt und durch eine falsche Hoffnung auf baldige Rückkehr in die Ostgebiete den Vertriebenen von seinem eigentlichen Kampf um das Lebensrecht im Westen ablenkt.“

„Wenn es unter den Schwachen Schwächere gibt, stehen wir auf der Seit der Schwächsten“. So hat Heinrich Albertz 1950 seine Handlungsmaxime beschrieben. Ich bin mir sicher, dass Elke Johanna Kulenkampff, der der Bezirksrat Südstadt-Bult heute den Ehrenpreis des Stadtbezirks für bürgerliches Engagement verleiht, diese Maxime teilt.

Frau Kulenkampff mischt sich ein für Menschen unterschiedlicher Herkunft und hat für sie rund um das Flüchtlingswohnheim in der Janusz-Korczak-Allee auf der Bult eine „Insel der Hilfe“ etabliert. Auch dies übrigens ein Wort von Heinrich Albertz. Dabei hat sie nicht gewartet, bis das Gebäude fertig und die ersten Menschen eingezogen waren, sondern sie hat im Entstehungsprozess der Einrichtung viele Menschen um sich gesammelt, die mit ihr der Meinung waren, Willkommenskultur nicht nur als Lippenbekenntnis vor sich her tragen zu sollen.

Gut 170 Mitglieder hat dieser Unterstützerkreis mittlerweile, und dessen Arbeit trägt Früchte auf der Bult. Einzelne Arbeitsgruppen dieses Kreises sammeln Geld für Deutschkurse, helfen bei der Wohnungssuche, vermitteln Kontakte zu Sportvereinen und übernehmen Patenschaften für Kinder. Frau Kulenkampff kümmert sich selbst vorrangig um den Schulbesuch der Kinder und hält den Kontakt mit den Lehrerinnen und Lehrern. Im Flüchtlingsheim, das sie mehrmals wöchentlich besucht, organisiert sie Begegnungen zwischen Ankommenden und Anwohnerinnen und Anwohnern aus der Bult, die bei Kaffee und Kuchen ins Gespräch kommen können. Sie hat Willkommensfeste, Lesungen und Musikveranstaltungen initiiert und so für viele Ankommende ein Stückchen Geborgenheit in der Fremde ermöglicht.

Dafür dankt der Bezirksrat Südstadt-Bult Frau Kulenkampff, denn sie stellt sich vielen gesellschaftlichen und medial vermittelten Widrigkeiten in den Weg — ganz nach der Devise von Heinrich Albertz, die da lautet: „Der Kampf um Gerechtigkeit wird nur zum Erfolg führen, wenn unser Herz wach genug bleibt, um niemals einen dieser Schwächsten zu übersehen.“