50 Jahre Melanchthonorgel

50 Jahre Melanchthonorgel
Melanchthon-Orgel

„Ja man könnte wol sagen / daß die Orgel ein künstlich gemachtes Thier sey / welches durch hülff der Luft oder Windes und Menschlicher Hände / gleichsam rede / klinge / singe und modulire, auch mit allerhand zierligkeit / und so mercklichen großen unkosten in die Kirchen gesetzt / daß sie einig und allein zu der ehre und lob Gottes bestimmt / verlobet und versprochen sey / mit irer Stim / Thon / laut und klang / die unaußsprechliche Werck und Thaten der Göttlichen Majestet ohne unterlaß zurühmen und zupreisen.“

Melanchthon-Orgel

Am Palmsonntag 1967 wurde die von der Orgelbaufirma Furtwängler & Hammer erbaute Orgel mit mechanischer Spiel­ und Registertraktur auf zwei Manualen und Pedal in einem festlichen Gottesdienst geweiht.

So wie Michael Praetorius 1619 die Königin der Instrumente beschrieb, bietet auch un­sere Melanchthonorgel für alle Sinne et­was, angefangen von der Architektur des Gehäuses, was wertvolle und sehr emp­findliche Innenteile schützt, mit dem Pro­spekt, der der Orgel ihr kunstvolles Gesicht gibt, über den taktilen Sinn, den der Orga­nist bei den Wechselbeziehungen zwischen Trakturverhalten und Tonerzeugung wahr­nimmt bis zum Klangspektrum. Von der zarten Waldflöte bis zur röhrenden Posau­ ne können die verschiedensten Klänge der Orgel verzaubern und dem inneren Ohr zuweilen Zugänge zu „anderen Welten“ öffnen.

Hauptsächlich ist unsere Orgel jedoch ver­mittelndes Bindeglied zwischen dem Wort Gottes und den Menschen in den sonntäg­lichen Gottesdiensten. Dieses erleben wir nun seit 50 Jahren.
Mit dem Umbau der Melanchthonkirche wurde durch die Orgelbaufirma Hillebrand die Orgel nicht nur auf die andere Empo­renseite versetzt, sondern durch Register­tausch und geringfügige Änderungen der Disposition ein wärmeres Klangbild mit Er­ weiterung der Klangfarben erreicht.

Als Melanchthonorganist verstehe ich es als meine Aufgabe, Ihnen dieses Klangspektrum hörbar zu machen, mit Werken von alten Meistern bis zeitgenössischen Komponisten, die ebenso in diesem Jahr einen runden Geburtstag feiern oder begangen hätten.

Jedoch gehen 50 Jahre auch an einer Orgel nicht spurlos vorüber, sodass gelegentlich ein Ab­strakt hängen bleibt und somit ein „schräger Ton“ erklingt. Dennoch bleibt unserer Orgel zu wünschen, dass solch ein Erlebnis, wie es Felix Mendelssohn beschreibt, möglichst selten vor­ kommt oder nicht eintritt und sie noch viele Jahre ihren prächtigen Klang entfalten kann.

„Abends. Ich habe eben noch bis zur Dämmerung Orgel geübt und trampelte wütend auf dem Pedal her­um, als wir auf einmal bemerkten, daß das tiefe cis auf dem Subbaß ganz sanft, aber unaufhörlich mit­ sauste. Alles Drücken, Rütteln, Stoßen der Taste half nichts; wir mußten in die Orgel hineinklettern, unter den dicken Pfeifen herum; das cis sauste immer sanft fort; der Fehler lag in der Windlade; der Organist war in großer Verzweiflung, weil morgen ein Festtag ist; da mußte ich am Ende mein Schnupftuch in die Pfeife stecken, und da gab es kein Sausen, aber auch kein cis mehr.“ (Felix Mendelssohn, 1831)

Stefan Pasch